Statement des Kirchengemeinderates zur Farbgebung und Sanierung der Kapelle Vitt
Als Kirchengemeinde Nordrügen freuen wir uns, dass 2017/2018 die Kapelle grundlegend saniert werden konnte.

Was ist gemacht worden?
Vollständige Erneuerung des Außenputzes, Restaurierung und Ergänzung der Bleiverglasung aller Fenster, Erneuerung / Überarbeitung der gemauerten Fensterleibungen, -sohlbänke und -stürze sowie der Fensterrippen, vollständige Erneuerung des Innenputzes und Überarbeitung des Mauerwerkes, Erneuerung des Anstrichs innen und außen, Überarbeitung der Fensterläden u.a.

Wie hoch ist der finanzielle Aufwand?
rund 200.000€

Wie ist das Bauvorhaben finanziert worden?
Mit Mitteln der Städtebauförderung, der Reemtsma-Stiftung, der Hoffmann-Stiftung; des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises und der Kirchengemeinde Nordrügen.

Was war Ursache der gravierenden Schäden am Putz und am Mauerwerk?
Die Kapelle ist 1980 mit einer diffusionsdichten Farbe innen und außen gestrichen worden. Dadurch und auf Grund eines vorher aufgebrachten Kalkzementputzes wurden der Putz und das Mauerwerk abgedichtet und der Feuchtigkeitsaustausch bzw. das Austrocknen des Mauerwerks verhindert. Über die Jahre wurden die weicheren Ziegelsteine und der Putz zu großen Teilen zerstört. Hinzu kommt das raue Klima im Inselnorden.

Warum zeigt sich die Kapelle nun in einem hellen beige-ockerfarbenen Ton?
Nach der notwendigen Abnahme des Außenputzes entdeckte die Denkmalpflege im Juni 2017 Reste einer Terrakotta / Ocker-Farbe auf der ersten Putzschicht des Mauerwerkes. Dieses war ebenfalls durch eine restauratorische Untersuchung belegt. Spätere Farbfassungen zeigen: Gelbocker, rötliches Ocker, Weiß. Diese Farbfassungen sind – bis auf den weißen diffusionsdichten Anstrich – zeitlich nicht zuzuordnen.
Somit ist mit der Terrakotta/Ocker-Farbe d e r oder einer der e r s t e n bekannten Anstriche der Kapelle gefunden worden.

Wann ist die Entscheidung zur jetzt zu sehenden Ockerfarbe gefallen?
Am 7. 7. 2017 fand die Bauberatung statt, in der zwischen mehreren Terrakotta-Varianten, deren Ausführung und der Farbe Weiß entschieden wurde. Der Kirchengemeinderat als Vertreter der Eigentümerin ist der Empfehlung des Landesamtes für Denkmalpflege gefolgt und hat am 12. 7. 2017 diese angenommen und beschlossen.

Ist die Meinung von Vitter Einwohner gehört worden?
Zur entscheidenden Baubesprechung am 7. 7. 2017 mit Vertretern der Denkmalpflege, des Architektenbüros und des Kirchlichen Bauamtes hatte der Kirchengemeinderat Nordrügen bewusst die Bürgermeisterin und weitere interessierte Einwohner eingeladen, um sowohl die Argumente der Denkmalpflege als auch die der Einwohner zu hören. Die Vitter haben ihre Wünsche für einen weißen Außenanstrich ausführlich vorgetragen. Der Kirchengemeinderat Nordrügen hat allerdings mit seiner Entscheidung die Argumentation der Denkmalpflege favorisiert.

Wurde die neue / alte Farbe in der Öffentlichkeit kommuniziert?
Der Kirchengemeinderat ist mit seiner Entscheidung bzgl. der Frage nach der Farbgebung immer sehr offen umgegangen. In der Ostseezeitung wurde bereits Ende 2016 benannt, dass auf Grund der restauratorischen Untersuchung die Kapelle nicht weiß, sondern in einen sehr hellen Gelbocker gestrichen würde. Über den jetzigen Ocker-Anstrich und die Argumente der Kirchengemeinde berichtete die Ostseezeitung in drei ausführlichen Artikeln am 6. 7. 2017 und 13. 7. 2017 sowie am 6. 1. 2018 (auch als PDF am ende der Seite).

Warum hat der Kirchengemeinderat sich für die neue/alte Farbe entschieden?

Fassade im neuen Farbton

  1. Ausschlaggebend für die Entscheidung war der klare denkmalpflegerische Befund:
    „Aufgrund der besonderen bau- und kunsthistorischen, und historisch überregionalen Bedeutung der achteckigen Kapelle – veranlasst durch Pfarrer Gotthard Ludwig Kosegarten,… und aufgrund des weitgehend erhaltenen Originalzustandes der Kapelle wird aus denkmalfachlicher Sicht die Wiederherstellung der Erstfassung zur denkmalpflegerischen Zielstellung… [empfohlen].“
    (Aus der Empfehlung der Landesamtes für Denkmalpflege vom 2. 7. 2017)
  2. Als Kirchengemeinderat beziehen wir den Rat von Fachleuten wie Denkmalpflege, kirchlichen Bauberatern, Restauratoren, Historikern u.a. in unsere Entscheidung ein. Nach Auskunft von Kunstwissenschaftlern und der Denkmalpflege sind um 1800 Fassaden öffentlicher Gebäude meist farblich gefasst worden. Auch war Terrakotta bis in die 2. Hälfte des 19. Jh. im Norden ein weit verbreiteter Anstrich. Vielleicht nimmt die aktuelle Gestaltungssatzung für Vitt aus dem Jahr 1997, die für Außenfassaden nur die Farben Weiß, Beige oder Ocker (und Grau) vorsieht – Farben, die in den letzten 200 Jahren auch an der Kapelle zu sehen waren – auf diesen Umstand Bezug.
  3. Durch den historisch belegten Ockerton ist wieder ein schlüssiges Farbkonzept des Baukörpers mit der ziegelfarbigen Sakristei, die ca. 25 Jahre nach der Einweihung der Kapelle um 1850 angebaut wurde und bis zum weißen Dispersionsanstrich 1980 ziegelfarben war, entstanden.
  4. Auch die Tatsache, dass immer wieder historische Bausubstanz, auch von der Insel Rügen schwindet, abgerissen und nach eigenem Gutdünken verändert wird, war für den Kirchengemeinderat als Träger mehrerer mittelalterlicher Kirchen ein weiteres Argument, hier Verantwortung zu zeigen. Darum wurde die historische Farbgebung favorisiert. Die Farbe ist frescal, auf den noch feuchten Putz aufgetragen worden, der, wie bei älteren Bauten üblich, nicht eine ebene, glattgeputzte Fläche zeigt, sondern mit den Unregelmäßigkeiten des Feldsteinmauerwerkes mitgeht und somit eine bewegte Oberfläche darstellt.

Was ist noch zu tun?
In den nächsten Jahren müssen das Reetdach und der Dachstuhl saniert werden.

Geh’ deinen Weg ruhig – mitten in Lärm und Hast, und wisse, welchen Frieden die Stille schenken mag.
Lebe in Frieden mit Gott, wie du ihn jetzt für dich begreifst. Und was auch immer deine Mühen und Träume sind in der lärmenden Verwirrung des Lebens – halte Frieden mit deiner eigenen Seele.
(Nach einem irischen Segen)

 

Der Kirchengemeinderat Nordügen im Juni 2018


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